Der Mai als Aufklärungsmonat für Zöliakie

Schon gewusst? Seit mehr als 20 Jahren feiern wir im Mai den Welt-Zöliakie-Tag. Im Jahr 2014 hat die WHO den 16. Mai zum offiziellen Termin erkoren, um auf die Autoimmunerkrankung aufmerksam zu machen. Angesichts der Bedeutung dieser Krankheit haben internationale Verbände und Hersteller den gesamten Mai zum Aufklärungsmonat erklärt, an dem sich zahlreiche Organisationen, Hersteller, Blogger und Influencer beteiligen.
Mich als Trendsetterin zu bezeichnen, kommt mir zwar so falsch vor, wie in ein Weizentoast zu beißen, doch als Vollzeit-Zöli und Autorin des Blogs „Glutenfreie Glücksmomente“ sehe ich es als meine Pflicht an, auf dieser Trendwelle mitzureiten und das Bewusstsein zu schärfen.
Coeliac Awareness Month – Was ist das?
Experten schätzen, dass rund 1 Prozent der Weltbevölkerung von Zöliakie betroffen ist. Plakativ gesagt: Einer von 100 Menschen leidet an Zöliakie. Die Dunkelziffer wird weitaus höher geschätzt. Noch immer wird die Autoimmunerkrankung nicht oder erst sehr spät erkannt. Verbände und Organisationen haben die Aktionen #Coeliac Awareness Month und #Coeliac Awareness Week ins Leben gerufen, um über die Krankheit und die damit verbundenen Herausforderungen sowie über glutenfreie Ernährung zu informieren.

In den letzten 20 Jahren hat sich schon viel getan, doch wir sind noch längst nicht am Zenit angekommen. Wie oft habe ich in Restaurants in ratlose Gesichter geblickt und verzweifelte Diskussionen über Gluten geführt. Ich werde nie vergessen, wie ich zu einer Feier in einen renommierten Golfclub eingeladen war und mir Pasta serviert wurde, weil das Personal felsenfest davon überzeugt war, dass sie glutenfrei seien, während Kartoffeln Gluten enthielten. Puhh! Neben der Unwissenheit herrscht noch immer sehr viel Unverständnis für unsere Situation. Viele stempeln die glutenfreie Ernährung als Modeerscheinung ab und reagieren mit flapsigen Sprüchen wie „Komm, stell dich doch nicht so an.“
Da haben wir doch noch einiges an Arbeit vor uns. Schär hat 20 Tipps für Zöliakiebetroffene und ihre Angehörigen, um auf Zöliakie aufmerksam zu machen.
Und auch wir Blogger können zur Aufklärung beitragen, indem wir unsere Geschichten erzählen und Einblicke in das Leben mit Zöliakie geben. Apropos.
Mein Leben mit Zöliakie: Akzeptanz erst im Erwachsenenalter
Dank meiner Eltern und den aufmerksamen Ärzten wurde die Zöliakie bei mir recht früh diagnostiziert. Mit der Einführung der Beikost war klar, dass mit mir etwas nicht stimmte. Kurz nach meinem ersten Geburtstag wog ich gerade einmal so viel wie ein Baby mit sechs Monaten. Mein aufgeblähter Bauch und der starke Gewichtsverlust versetzten meine Eltern in Alarmbereitschaft. In einer Frankfurter Klinik stellten Fachärzte schließlich durch eine Dünndarmbiopsie die Diagnose Zöliakie. Meine Eltern wandten sich an die DZG, lernten mit der Krankheit umzugehen und versuchten, mir ein möglichst unbeschwertes Leben zu ermöglichen.
Das ständige Erklären und Rechtfertigen gehört für mich zwar zur täglichen Routine, so wie Händewaschen und Zähneputzen, aber ich habe gelernt meine Krankheit zu akzeptieren und meinen Frieden damit zu finden.
Als Kind aber habe ich sehr unter dem Gefühl gelitten, anders zu sein und als nicht „normal“ wahrgenommen zu werden. Diese Überzeugung habe ich so stark verinnerlicht, dass ich sie teilweise heute noch mit mir herumtrage. Gerne versuche ich zu erklären, wie es sich anfühlt, anders zu sein.
Hast du Lust auf eine kleine Zeitreise? Dann reise mit mir in das Jahr 2001.
Es war ohrenbetäubend laut, das Klappern von Geschirr und Besteck hallte durch die Kantine. Etwa 30 Kinder unterhielten sich lautstark, grölten und lachten.
Meine Mitschüler um mich herum aßen gierig ihre Nudeln. Nur ich saß ohne Teller da. Geduldig wartete ich auf mein Essen, das extra für mich zubereitet wurde. Meine Mutter hatte mir einen Koffer mit glutenfreien Lebensmitteln gepackt, den ich am ersten Tag der Klassenfahrt in der Jugendherberge abgegeben hatte. Meine Mitschüler fragten mich, warum ich eine Extrawurst bekam, ich versuchte ihnen zu erklären, dass ich kein Gluten essen durfte. Sie verstanden es nicht und wandten sich wieder ihren Nudeln zu. Ich wollte am liebsten im Boden versinken, schon am Morgen machten sie sich über mein staubtrockenes Brot lustig. Kinder eben. Was werden sie wohl diesmal sagen? Als die meisten schon beim Nachtisch angelangt waren, wurde auch endlich mein Essen serviert. Ich beeilte mich, denn ich wollte nicht allein in der Kantine zurückbleiben.
An meine Schulzeit habe ich keine guten Erinnerungen. Ich war stets das Mädchen, das als letzte ins Team gerufen wurde und Dauergast auf der Auswechselbank war. Während sich andere Kinder in meinem Alter auf Klassenfahrten und Kindergeburtstage freuten, bekam ich schon bei dem Gedanken an das gemeinsame Essen Bauchschmerzen.

Heute, zwei Jahrzehnte später, würde sich diese Situation in der Kantine vermutlich anders abspielen. Die Akzeptanz für verschiedene Ernährungsbedürfnisse ist gewachsen. Heute ist es fast schon hip seine Kinder vegetarisch und vegan zu ernähren oder auf Zucker zu verzichten. Hinzu kommen kulturelle und religiöse Essgewohnheiten und die steigende Zahl der Unverträglichkeiten und Allergien. All das macht es uns Zölis leichter. In der Gesellschaft hat sich schon viel getan und auch die Zunahme glutenfreier Angebote im Handel und in der Gastro ist positiv zu bewerten.
Wir müssen weiter das Zöliakiebewusstsein schärfen
Wenn ich durch die Stadt schlendere und zufällig das Wörtchen glutenfrei auf einer Tafel sehe oder ein neues glutenfreies Produkt im Supermarkt entdecke, erlebe ich meine persönlichen Glücksmomente. Genauso glücklich bin ich, wenn mich eine Kollegin mit einem glutenfreien Gebäck überrascht oder wenn unter dem Tannenbaum eine glutenfreie Leckerei versteckt ist.
Diese Momente erfüllen mich mit Glück. Doch wenn es nach mir ginge, dürfte es davon gerne mehr geben.
Meine Tochter lässt mich mit meinen 34 Jahren noch einmal anders auf die Krankheit schauen. Aufgrund meiner Erkrankung lasse ich einmal im Jahr einen Bluttest durchführen, um sie auf Zöliakie zu testen. Die Angst ist groß, dass sie leiden könnte und ich die Anzeichen nicht rechtzeitig erkenne. Denn: Es ist durchaus möglich, dass ich die Veranlagung weitervererbt habe und mein Kind im Laufe seines Lebens noch an Zöliakie erkrankt.
Genau für diesen Fall wünsche ich mir mehr Akzeptanz, Toleranz und Aufklärung. Im Kindergarten, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis und im Restaurant. Meine Tochter soll es einmal leichter haben als ich damals.
Nein, Zöliakie ist kein Trend. Nein, Zöliakie ist nicht heilbar. Und nein, wir haben sie uns nicht ausgesucht.
Bitte macht uns nicht zu Außenseitern und bietet in Restaurants und in Schulkantinen glutenfreie Optionen an. Bitte unterstützt uns auf unserem Weg zu mehr Akzeptanz und Bewusstsein in der Öffentlichkeit.
Außerdem ist es mir ein persönliches Anliegen, dass eine Zöliakie rechtzeitig in Betracht gezogen und eine mögliche Erkrankung frühzeitig erkannt wird. Erfahrt hier, welche Symptome auf eine Zöliakie hindeuten können.
Wie lebt ihr mit Zöliakie und was wünscht ihr euch für die Zukunft? Ich freue mich auf einen Austausch 🙂